Außerordentliche Geschworenengerichte

Die außerordentlichen Geschworenengerichte sind von der Regierung Bonomi kurz vor der Befreiung – mit dem gesetzesvertretendes Dekret des Statthalters vom 22. April 1945 n. 142 – eingesetzt worden. Sie sind spezielle Gerichtsorgane mit provinzialer Kompetenz, gebildet von Volksgerichten: zusammengesetzt aus einem Richter – vom ersten Präsidenten des Berufungsgerichts zur Ausübung der Funktion des Gerichtsvorsitzenden ernannt – und aus vier Geschworenen. Diese wurden von einer Liste der volljährigen Bürgern mit “unbescholtenen moralischen und politischen Benehmen” ausgelost, die von den provinzialen Befreiungskomitees in Abstimmung mit dem Gerichtspräsidenten der Provinzhauptstadt, zusammengestellt. Diesen Gerichten wurde unmittelbar nach Kriegsbeendigung die Urteilskraft anvertraut, um über Beschuldigten, die wegen “Kollaboration mit dem deutschen Besatzer” während der Regierungszeit der Italienischen Sozialrepublik angeklagt wurden, zu richten. Dies betraf die italienischen Staatsangehörige, die nach dem 8. September 1943 die Loyalität gegenüber dem Staat verletzt und dessen Sicherheit gefährdet hatten. Das Gesetz vom 27. Juli 1944 n. 142 – sah vor, dass jegliche Form der Verbindung oder Übereinstimmung oder Zusammenarbeit mit den deutschen Invasoren und die Leistung von Hilfe oder Beistand an sie, sei es in politischer oder militärischer Hinsicht, zu sanktionieren sei. Ebenso unterlagen der Strafverfolgung die faschistischen Delikte, die während des Ventennio des faschistischen Sozialrepublik von den gleichen Angeklagten begangen wurden, die wegen der Kollaborationsverbrechen vor Gericht standen.

So sehr auch die Außerordentlichen Geschworenengerichte auf dem spezifischen Feld der Gerichtsbarkeit wirkten, die Ergebnisse sind durch den Amnestieerlass vom 22. Juni 1946 merklich limitiert. Diese speziellen Justizbehörden wirkten ab den ersten Monaten nach Kriegsende bis Ende 1947.

Die Urteile, die die außerordentlichen Geschworenengerichte ausgesprochen haben, waren auch Ausdruck eines Rechtsempfindens, noch stark von politischen Valenz beeinflusst und formell mangelhaft, sie hatten aber das Verdienst, die Formen, Modalitäten und Erscheinungsformen der Verbrechen, wofür der republikanische Faschismus verantwortlich war, zu beschreiben, als noch in den ersten Nachkriegsjahren die Erinnerung an die erlittenen Gewalt im öffentlichen Bewusstsein noch sehr lebendig vorhanden war.

Die Prozessunterlagen und Dokumente der untersuchten und vor Gericht verhandelten Fälle – auch jene, die bereits in der Ermittlungsphase ad acta gelegt wurden – enthalten oft außer Anzeigen und Verhörprotokolle, Abschriften von Dokumenten bezüglich der Gewalttaten gegen Zivilpersonen und Partisanen, von den Behörden der Sozialrepublik selbst verfasst.